Zeitarbeit - Ein attraktives Beschäftigungsverhältnis

AÜG

Rechtlicher Rahmen der Zeitarbeit

Die rechtlichen Rahmenbedingungen der Zeitarbeit sind in Deutschland seit 1972 im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) geregelt. Seit seinem Bestehen wurde das AÜG mehrfach novelliert, die letzten umfangreichen Änderungen traten zum 1. April 2017 in Kraft. Zu den Kernpunkten der letzten Novellierung gehören der Anspruch auf Equal Pay nach 9 Monaten ununterbrochener Einsatzdauer sowie eine Höchstüberlassungsdauer von 18 Monaten.

Die wichtigsten Regelungen im Überblick

Equal Pay

Das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) sieht als Grundsatz die Gleichstellung von Zeitarbeitnehmern bei allen wesentlichen Arbeitsbedingungen vor („Equal Treatment“).

Von diesem gesetzlichen Gleichstellungsgrundsatz kann durch einen Tarifvertrag der Zeitarbeit abgewichen werden. In der Regel erfolgt dies durch eine Inbezugnahme der Zeitarbeitstarifverträge im Arbeitsvertrag. Eine Abweichung durch Tarifverträge ist nicht möglich, wenn Zeitarbeitnehmer in den letzten sechs Monaten vor der Überlassung an den Entleiher aus einem Arbeitsverhältnis bei diesem oder bei einem Arbeitgeber, der mit dem Entleiher einen Konzern im Sinne des § 18 des Aktiengesetzes bildet, ausgeschieden sind (sog. Drehtürkonstellation).

Werden Zeitarbeitstarifverträge angewendet, hat der überlassene Arbeitnehmer grundsätzlich nach 9 Monaten ununterbrochener Überlassung an denselben Kunden einen gesetzlichen Equal Pay-Anspruch, es sei denn, es gelten bei der Überlassung (zusätzlich) Branchenzuschlagstarifverträge.

Überlassungszeiten bleiben für das Erreichen der Equal Pay-Schwelle immer dann unberücksichtigt, wenn der letzte Einsatz bei demselben Kunden mehr als 3 Monate (Unterbrechungsregel) zurückliegt.

Keine gesetzliche Definition von Equal Pay

In den Fällen, in denen ein gesetzlicher Equal Pay-Anspruch besteht, stellt sich die Frage, wie dieser zu erfüllen ist. Das Gesetz definiert den Begriff des Arbeitsentgelts nicht. Allerdings soll nach der Gesetzesbegründung hierzu jede "Vergütung zählen, die aus Anlass des Arbeitsverhältnisses gewährt wird, bspw. auch Sachbezüge und vermögenswirksame Leistungen".

Nach § 8 Absatz 1 AÜG und der Gesetzesbegründung soll bei Equal Pay nach 9 Monaten nicht nur das Grundentgelt vergleichbarer Stammmitarbeiter bei der Ermittlung von Equal Pay zugrunde gelegt werden, sondern "sämtliche auf den Lohnabrechnungen vergleichbarer Stammarbeitnehmerinnen und Stammarbeitnehmer des Entleihers ausgewiesene Bruttovergütungsbestandteile". Dazu sollen ausweislich der Formulierung des § 8 Absatz 1 Satz 3 AÜG auch Sachbezüge in Geld und nach der Gesetzesbegründung ebenso Sonderzahlungen, Zulagen, Zuschläge und sogar vermögenswirksame Leistungen zählen.

Vermutungsregelung

Das Gesetz enthält eine Vermutungsregelung, wonach Equal Pay erfüllt sein kann, wenn das "(…) für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers im Entleihbetrieb geschuldete tarifvertragliche Arbeitsentgelt oder in Ermangelung eines solchen ein für vergleichbare Arbeitnehmer der Einsatzbranche geltendes tarifvertragliches Arbeitsentgelt" gezahlt wird (§ 8 Absatz 1 Satz 2 AÜG).

Mit der Vermutungsregelung ist eine Vereinfachung bei der Ermittlung von Equal Pay beabsichtigt. Hiernach soll Equal Pay als erfüllt gelten, wenn der Zeitarbeitnehmer nach dem einschlägigen Tarifvertrag der Einsatzbranche bezahlt wird. Diese Regelung wird in der Praxis allerdings kaum umzusetzen sein. Denn das Zeitarbeitsunternehmen muss zunächst den maßgeblichen Tarifvertrag für die Einsatzbranche ermitteln. Zudem handelt es sich lediglich um eine gesetzliche Vermutungsregelung, die nicht als unwiderleglich ausgestaltet wurde. Dies schließt Equal Pay-Klagen von Zeitarbeitnehmern und möglicherweise auch Nachforderungen seitens der Sozialversicherungsträger nicht aus, wenn sich herausstellt, dass vergleichbare Arbeitnehmer im Kundenbetrieb "übertariflich" bezahlt werden.

Branchenzuschlagstarifverträge

Von dem gesetzlichen Equal Pay-Anspruch kann für den gesamten Zeitraum einer Überlassung (bis zum Erreichen der Höchstüberlassungsgrenze) durch Branchenzuschlagstarifverträge abgewichen werden.

In den Fällen, in denen Branchenzuschlagstarifverträge Anwendung finden, gilt weder die 9-Monatsgrenze für das Entstehen eines gesetzlichen Equal Pay-Anspruchs noch treten die aufgezeigten Probleme bei der Ermittlung von Equal Pay auf, sofern die in den Branchenzuschlagstarifverträgen regulär vereinbarten Zuschläge gezahlt werden.

Höchstüberlassungsdauer

Der Gesetzgeber hat die Höchstüberlassungsdauer in § 1 Absatz 1b AÜG verankert.

Darin heißt es gleich im ersten Satz: "Der Verleiher darf denselben Leiharbeitnehmer nicht länger als 18 aufeinander folgende Monate demselben Entleiher überlassen; der Entleiher darf denselben Leiharbeitnehmer nicht länger als 18 aufeinander folgende Monate tätig werden lassen."

Genau wie bei Equal Pay ist laut § 1 Absatz 1b Satz 2 AÜG der "Zeitraum vorheriger Überlassungszeiten durch denselben oder einen anderen Verleiher an denselben Entleiher […] vollständig anzurechnen, wenn zwischen den Einsätzen jeweils nicht mehr als drei Monate liegen".

Überlassungszeiten vor dem Inkrafttreten des Gesetzes müssen dagegen nicht berücksichtigt werden. Grundsätzlich sind Abweichungen von der gesetzlichen Höchstüberlassungsdauer nur durch Tarifverträge möglich, die ausschließlich von den Arbeitgebern und den Gewerkschaften der Einsatzbranchen durch (Haus- oder Flächen-)Tarifverträge vereinbart werden können.

Die Abweichungsregelungen für tarifgebundene Einsatzunternehmen sind in § 1 Absatz 1 b Satz 3 und Satz 5 AÜG festgehalten: "In einem Tarifvertrag von Tarifvertragsparteien der Einsatzbranche kann eine von Satz 1 abweichende Überlassungshöchstdauer festgelegt werden. […] In einer auf Grund eines Tarifvertrages von Tarifvertragsparteien der Einsatzbranche getroffenen Betriebs- oder Dienstvereinbarung kann eine von Satz 1 abweichende Überlassungshöchstdauer festgelegt werden."

Auch  nicht tarifgebundene Einsatzunternehmen können von der Höchstüberlassungsdauer mit Hilfe eines in ihrer Branche geltenden Tarifvertrages abweichen. Entweder übernimmt das tarifungebundene Einsatzunternehmen  die tarifliche Regelung der Einsatzbranche inhaltsgleichin die Betriebsvereinbarung oder, falls der Tarifvertrag der Einsatzbranche eine Öffnungsklausel für Betriebsvereinbarungen enthält, das Einsatzunternehmen schließt eine eigenständige Betriebsvereinbarung ab (geregelt in § 1 Absatz 1b Satz 4 und Satz 6 AÜG).

Kennzeichnungspflichten

Equal Pay nach 9 Monaten und eine Höchstüberlassungsdauer von 18 Monaten sind Kernpunkte des AÜG. Doch es gibt noch weitere Regelungen im AÜG, die Auswirkungen auf die Praxis der Zeitarbeitsunternehmen und ihrer Kunden haben.

Dazu gehören auch die Kennzeichnungs- und Offenlegungspflichten. So heißt es in § 1 Absatz 1 AÜG (Sätze 5 und 6): "Verleiher und Entleiher haben die Überlassung von Leiharbeitnehmern in ihrem Vertrag ausdrücklich als Arbeitnehmerüberlassung zu bezeichnen, bevor sie den Leiharbeitnehmer überlassen oder tätig werden lassen. Vor der Überlassung haben sie die Person des Leiharbeitnehmers unter Bezugnahme auf diesen Vertrag zu konkretisieren."

Außerdem sieht das Gesetz in § 11 Absatz 2 Satz 4 AÜG eine Mitteilungspflicht gegenüber dem Zeitarbeitnehmer vor: "Der Verleiher hat den Leiharbeitnehmer vor jeder Überlassung darüber zu informieren, dass er als Leiharbeitnehmer tätig wird."

Ein Verstoß gegen die Mitteilungspflicht gegenüber dem Zeitarbeitnehmer wird nach § 16 Absatz 1 Nummer 8 AÜG in Verbindung mit § 16 Absatz 2 AÜG mit einem Bußgeld von bis zu 2.000 Euro geahndet. Wird jedoch die Arbeitnehmerüberlassung in dem Vertrag zwischen Zeitarbeitsunternehmen und Kundenbetrieb nicht ausdrücklich als solche bezeichnet und der zu überlassende Arbeitnehmer nicht namentlich konkretisiert, kommt es gemäß § 9 Absatz 1 Nr. 1a  AÜG in Verbindung mit § 10 Absatz 1 zur Fiktion eines Arbeitsverhältnisses des Zeitarbeitnehmers mit dem Einsatzbetrieb, der nur die Zeitarbeitskraft innerhalb eines Monats widersprechen kann. Zudem kann in diesen Fällen ein Bußgeld von bis zu 30.000 Euro sowohl gegen das Zeitarbeitsunternehmen als auch gegen das Kundenunternehmen verhängt werden.

Verbot von Kettenüberlassungen

Das Verbot des sogenannten Kettenverleihs findet sich in § 1 Absatz 1 Satz 3 AÜG.

Dort heißt es: "Die Überlassung und das Tätigwerdenlassen von Arbeitnehmern als Leiharbeitnehmer ist nur zulässig, soweit zwischen dem Verleiher und dem Leiharbeitnehmer ein Arbeitsverhältnis besteht."

Sanktioniert wird ein Verstoß gegen dieses Verbot mit einem Bußgeld von bis zu 30.000 Euro (vgl. § 16 Absatz 1 Nummer 1b AÜG). Sollte bei einer solchen Kettenüberlassung zusätzlich noch gegen die Kennzeichnungspflichten oder die Höchstüberlassungsdauer verstoßen werden oder keine AÜ-Erlaubnis vorliegen, legt der § 10a AÜG als Sanktion erneut die Fiktion eines Arbeitsverhältnisses zum Einsatzbetrieb fest, der nur der Zeitarbeitnehmer widersprechen kann.

Hinweis: Der Bundesarbeitgeberverband der Personaldienstleister e. V. (BAP) ist zum 1. Dezember 2023 erloschen. Der BAP ist zusammen mit dem Interessenverband Deutscher Zeitarbeitsunternehmen e. V. (iGZ) nach dem Umwandlungsgesetz auf den Gesamtverband der Personaldienstleister e. V. (GVP) verschmolzen. Alle Rechte und Pflichten des BAP sind auf den GVP als dessen Gesamtrechtsnachfolger übergegangen. Dies gilt ebenso für das Copyright der hier zur Verfügung gestellten Dokumente des BAP und iGZ. Inhaltlich hat sich nichts geändert. Nach Entfernung des Copyrights können GVP-Mitglieder diese Dokumente weiterhin frei verwenden.

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