Zeitarbeit in der Pflege ist ein Randphänomen. Daher ist es nicht nachvollziehbar, weswegen immer wieder Forderungen aus der Politik für eine Einschränkung der Zeitarbeit in der Pflege laut werden, obwohl Pflegekräfte überall händeringend gebraucht werden. Eine Reduzierung der Zeitarbeit in der Pflege schafft doch nicht eine einzige Pflegekraft zusätzlich! Aber die Zeitarbeit kann ihren Teil dazu beitragen, dass Menschen dauerhaft in der Pflege tätig bleiben, wenn sie gute Arbeitsbedingungen vorfinden und ihre Bedürfnisse berücksichtigt werden.
BAP-Präsident
Wichtige Hilfe in Zeiten des Fachkräftemangels
Im Gesundheitsbereich und insbesondere in Pflegeberufen mangelt es an Arbeitskräften. Der Fachkräftemangel nimmt stetig zu. Sowohl in der Alten- als auch in der Krankenpflege fehlt es an (Fach-)Personal. Nach Angaben des Deutschen Pflegerates fehlen schon 200.000 Pflegekräfte in Deutschland. Die Pflege ist gleich doppelt getroffen: Zum einen gehen immer mehr Pflegekräfte in Rente, zum anderen nimmt der Bedarf nach Pflege in einer alternden Gesellschaft stetig zu. Zum Ende des Jahres 2021 zählte das Statistische Bundesamt 4,96 Millionen Pflegebedürftige in Deutschland, was einem Anteil von rund 6 Prozent der Bevölkerung entspricht – Tendenz steigend.
Pflegeeinrichtungen können durch den Einsatz von pflegenden Zeitarbeitskräften auf höhere Belegungen reagieren und Ausfälle beim eigenen Stammpersonal zum Beispiel durch Fortbildung, Urlaub oder Krankheit kompensieren. Trotz des großen Bedarfs an Pflegekräften ist Zeitarbeit weit davon entfernt, ein Massenphänomen zu werden: von 1.747.816* in Pflegeberufen tätigen Personen waren gerade einmal 30.715 bei Personaldienstleistern beschäftigt. Das heißt von 57 in Pflegeberufen tätigen Personen hat eine einen Personaldienstleister als Arbeitgeber (knapp 1,8 Prozent).
Zu den 30.715 in der Pflege tätigen Zeitarbeitskräften, die bei Personaldienstleistern beschäftigt sind, kommen noch einmal 11.491 Zeitarbeitskräfte hinzu, die in anderen Bereichen wie Einrichtungen aus dem Gesundheits- und Sozialwesen beschäftigt sind.
Angesichts des Fachkräftemangels in der Pflege gibt es Stimmen in der Politik, die eine Einschränkung oder sogar ein verfassungs- und europarechtlich bedenkliches Verbot der Zeitarbeit in diesen (und in anderen) Mangelberufen fordern. Eine solche Einschränkung wäre allerdings kontraproduktiv: Wie sich in einer vom Institut der deutschen Wirtschaft in Auftrag von BAP und iGZ durchgeführte Kurzstudie zeigt, droht bei Einschränkungen oder Verbot der Zeitarbeit in der Pflege ein Verlust von rund 21.000 Fachkräften. Unter 4.000 befragten Zeitarbeitskräften gaben 55 Prozent an, in diesem Fall in einen anderen Tätigkeitsbereich wechseln zu wollen, weitere 11 Prozent würden ihre Erwerbstätigkeit sogar ganz aufgeben.
Zeitarbeit in der Pflege ist eine Ergänzung. Sie hilft, die knappen Arbeitskräfte an Stellen einzusetzen, wo sie am dringendsten benötigt werden. Ein Massenphänomen wird sie trotzdem nicht werden, da die Einsatzwechseltätigkeit in der Zeitarbeit längst nicht für jede Pflegekraft geeignet ist. Untersuchungen zeigen, dass die Arbeitnehmerüberlassung ihre Attraktivität zu großen Teilen daraus zieht, dass professionelles Personalmanagement im Pflegebereich vernachlässigt wird. So stellte die Pflegekammer Niedersachsen in einer umfangreichen Befragung von Pflegekräften fest: "Die Erfolge der deutschen Zeitarbeitsbranche im Pflegebereich sind in vielen Fällen darauf zurückzuführen, dass die Arbeitsbedingungen in Pflegeeinrichtungen von Beschäftigten als unzumutbar empfunden werden. Durch bessere Arbeitsbedingungen wiederum – so der Umkehrschluss – ließen sich vermutlich die Flucht aus den Betrieben und die damit verbundene Flucht hinein in die Zeitarbeit abfedern."
* Sonderauswertung der Arbeitnehmerüberlassungs- und der Beschäftigungsstatistik der Bundesagentur für Arbeit. Stichtag 30.06.2022
Gute Gründe gegen ein Verbot der Zeitarbeit in der Pflege
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