
"Sind Mensch und Maschine eine erfolgreiche Allianz für ein nachhaltiges Recruiting?", lautete die den Thementag eröffnende Frage von Heinz Ostermann, Vorsitzender des Verbandsbereichs Personalvermittlung (VBPV) des BAP und Mitglied des Executive Committee bei der I.K. Hofmann GmbH, an die zahlreichen Gäste in Nürnberg. Denn im Fokus der Veranstaltung stand der Aspekt, wie innovative Technologien dabei unterstützen können, effizienter und nachhaltiger Talente zu unterstützen und das Recruiting zu optimieren. Daher "wollen wir heute der Frage nachgehen, ob die natürliche Intelligenz des Menschen und die künstliche Intelligenz eine hilfreiche Symbiose bilden oder doch eher ein Gegensatz sind", gab Ostermann die Zielrichtung des Thementags vor.
Dass das Thema Künstliche Intelligenz (KI) ein Schwerpunkt vieler junger Start-Ups sei, erläuterte anschließend Benjamin Bauer, Geschäftsführer des ZOLLHOF-Tech Incubator. In diesem digitalen Gründerzentrum in Nürnberg "werden Talente aus Wissenschaft und Wirtschaft gezielt gefördert, mit der lokalen Spitzenforschung verbunden und in einem global wettbewerbsfähigen Netzwerk gebündelt. Auf diese Weise konnten wir in den letzten fünf Jahren über 90 frühphasige Technologie-Startups, darunter auch zahlreiche mit Fokus auf dem Thema HR, auf dem Weg zur Marktreife begleiten", so Bauer.
"Digitalisierung richtig machen heißt, den Menschen in den Mittelpunkt zu stellen"
"Eine KI kann in Unternehmen nicht gegen den Widerstand der Beschäftigten eingesetzt werden", stellte Prof. Dr. Sven Laumer, Lehrstuhlinhaber für Wirtschaftsinformatik an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU), in seiner Keynote heraus. "Digitalisierung richtig machen heißt daher, den Menschen in den Mittelpunkt zu stellen. Dies ist ganz entscheidend, damit die Implementierung von KI in Unternehmen erfolgreich gelingen kann. Wesentliche Grundfaktoren sind dabei Nützlichkeit, Einfachheit und Vertrauen. Nur dann sind die Menschen bereit, sich auf technische Innovationen einzulassen. Diese müssen ihnen einen klaren Mehrwert bieten", betonte Laumer. Bei der Einführung von KI in Unternehmen müsse zudem beachtet werden, dass analoge Prozesse nicht einfach eins zu eins in digitale Prozesse umgewandelt werden könnten. "Unternehmen müssen sich daher zunächst immer überlegen, wie sich welche Prozesse durch den Einsatz von KI noch verbessern und vereinfachen lassen können." Gerade bei der möglichen Anwendung von KI im Recruiting sei jedoch durchaus Vorsicht angebracht, da die Technologie "gerade bei der Matchberechnung von Kandidatinnen und Kandidaten einerseits und Unternehmen andererseits oft an ihre Grenzen stoße." Insgesamt gelte hierbei der Leitsatz: "Die IT muss menschlicher werden, die HR muss technischer werden."
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Algorithms in decision- making
Prof. Dr. Sven Laumer | Präsentation
"Über die Hälfte aller befragen Personalvermittler setzen bereits KI-Tools im Recruiting-Prozess ein"
"Künstliche Intelligenz kann gerade in Zeiten des immer akuter werdenden Fachkräftemangels unterstützend dafür eingesetzt werden, um effizienter die perfekt passenden Kandidatinnen und Kandidaten zu finden", betonte Jürgen Grenz, Geschäftsführer index Gruppe, bei der Vorstellung der 360-Grad-Studie "Barometer Personalvermittlung 2022: Wachstumspotenziale für ein modernes Recruiting", die das Unternehmen im Auftrag des VBPV bereits zum dritten Mal durchgeführt hat. Ein wesentliches Ergebnis der Studie: "Bereits über die Hälfte der befragten Personalvermittlungsunternehmen setzt KI-Tools bereits im Recruiting-Prozess ein. Bei größeren Personalvermittlern mit über 50 Beschäftigen liegt der Anteil sogar bei über 60 Prozent." Anders, stellte Grenz heraus, sähe es hingegen bei den auftraggebenden Unternehmen aus. Hier setzten rund 80 Prozent bisher noch nicht auf die Unterstützung der KI im Recruiting. Deutlich aufgeschlossener seien hingegen die befragten Fachkräfte, wobei besonders Matching-Tools und Chat-Bots gut angenommen würden. "Auffällig ist dabei, dass vor allem die jüngere Zielgruppe offen für KI im Recruiting ist, sofern die individuelle Betreuung nicht vernachlässigt wird", zeigte Grenz ein weiteres wesentliches Ergebnis der Studie auf, für die 1.000 Kandidatinnen und Kandidaten, fast 900 Unternehmen und über 600 Personalvermittler befragt wurden.
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PowerPoint-Präsentation
Jürgen Grenz | Präsentation

"Das größte Risiko der KI liegt darin, sich nicht mit ihr zu beschäftigen"
In zwei anschließenden Fachpanels wurden Aspekte der Keynotes unter intensiver Einbindung der Teilnehmerinnen und Teilnehmer im Dialog weiter vertieft.
Prof. Dr. Ralf Kreutzer, Professor für Marketing an der Hochschule für Wirtschaft und Recht/Berlin School of Economics and Law, ging dabei der Frage nach, wie die Effizienz und Effektivität der Arbeit der Personalvermittler durch Werkzeuge der KI weiter verbessert werden könne. "Das größte Risiko der KI liegt darin, sich nicht mit ihr zu beschäftigen", machte Kreutzer die Bedeutung der Künstlichen Intelligenz deutlich. Seiner Ansicht nach wird die KI "auch im Recruiting die menschliche Intelligenz auf absehbare Zeit nicht ablösen, sondern sie nur ergänzen." Grundsätzlich könne die KI aber bereits jetzt auf vielen Feldern der Talent Journey die Personalvermittler hilfreich unterstützen. Hierzu zählten Chatbots als Ansprechpartner auf der Unternehmenswebseite und die automatische Optimierung von Stellenausschreibungen (Augmented Writing). Aber auch "die Analyse von Audio- und Videobewerbungen, das KI-gestützte Auslesen von Lebensläufen und die Rankingerstellung von Kandidatinnen und Kandidaten sind bereits heute wichtige Einsatzfelder für den KI-Einsatz in der Personalvermittlung", erklärte Kreutzer.
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Kein Folientitel
Prof. Dr. Ralf T. Kreutzer | Präsentation

"Die erste Bewerbung muss einfach sofort funktionieren"
Im "Recruiting Real Talk" diskutierte Miriam Sartorius, Geschäftsführerin von huntercoach.de, in einer offenen Gesprächsrunde schließlich darüber, an welchen Stellschrauben die Personalvermittler zur Bekämpfung des akuten Mangels an geeigneten Kandidatinnen und Kandidaten drehen könnten. Unerlässlich seien dabei zunächst "unkomplizierte Bewerbungsprozesse. Die erste Bewerbung eines Kandidaten muss einfach sofort funktionieren", machte Sartorius deutlich. Erforderlich seien zudem auch die Schaltung von SEO-optimierten Stellenanzeigen, die Etablierung eines Empfehlungsmanagements für Kandidatinnen und Kandidaten mit Prämienmodell sowie die aktive Präsenz einzelner Personalvermittler in den für die Zielgruppen relevanten Social-Media-Kanälen. "Äußerst empfehlenswert sind zudem auch der Ausbau der Kontakthäufigkeit zu den einzelnen Kandidatinnen und Kandidaten, die bereits in der Kontaktdatenbank gelistet sind". Auch der Aufbau eines Talentpools, der regelmäßig mit passenden Marketing-Aktionen bespielt werde, sei sinnvoll. "Wenn Personalvermittler nichts von alledem anbieten, werden sie künftig kaum noch Chancen haben, Bewerberinnen und Bewerber für sich zu gewinnen", stellte Sartorius die schwierige Situation im Recruiting dar.
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BAP - Recruiting Real Talk
Miriam Sartorius | Präsentation
Den Abschluss des 12. Thementags Personalvermittlung bildeten die Zusammenfassung der Ergebnisse der beiden Fachpanels durch die Moderatorin Ines Dauth, die durch die gesamte Veranstaltung führte sowie ein Schlusswort von Heinz Ostermann.