29.11.2021 | Vorhaben der "Ampel"-Koalition im Bereich Bildung

SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP ("Ampel") haben sich auf einen 177 Seiten langen Koalitions­vertrag mit dem Titel "Mehr Fortschritt wagen. Bündnis für Freiheit, Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit" verständigt (siehe auch BAP-Rundschreiben Politik vom 26.11.2021). Die Regierungsbildung steht aller­dings noch unter dem Vorbehalt, dass bei allen drei Parteien entweder die Mitglieder (Bündnis 90/Die Grünen) bzw. Parteitage (SPD und FDP) dem Vertrag zustimmen müssen. Das soll bis zum kommenden Wochen­ende geschehen sein.

Wesentliche Vorhaben, die SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP im Fall einer "Ampel"-Koalition im Bereich Bildung umsetzen wollen, sind im Folgenden aufgeführt. Die nach den Zitaten aus dem Koali­tions­vertrag genannten Seitenzahlen beziehen sich auf die angefügte Fassung dieses Vertrages.

Ausbildungsgarantie

"Wir wollen eine Ausbildungsgarantie, die allen Jugendlichen einen Zugang zu einer vollqualifizierenden Berufsausbildung ermöglicht, stets vorrangig im Betrieb. Wir führen die Allianz für Ausbildung fort. Die Ein­stiegsqualifizierung, die assistierte Ausbildung, ausbildungsbegleitende Hilfen und Verbundaus­bil­dun­gen bauen wir aus. Wir öffnen die Hilfen für Geflüchtete. Wir begrüßen tariflich vereinbarte Ausgleichs­fonds." (S. 66)

Qualifizierung für Menschen in Arbeitslosigkeit und Grundsicherung

"Für Menschen in Arbeitslosigkeit und in der Grundsicherung weiten wir die eigenständige Förderung von Grundkompetenzen aus und stellen klar, dass die Vermittlung in Arbeit keinen Vorrang vor einer beruf­lichen Aus- und Weiterbildung hat, die die Beschäftigungschancen stärkt. Bei beruflicher Qualifizierung erhalten SGB II- und III-Leistungsberechtigte ein zusätzliches, monatliches Weiterbildungsgeld von 150 Euro, sodass ein wirksamer Anreiz zur Weiterbildung entsteht. Nach einer Weiterbildung soll mindestens ein Anspruch auf drei Monate Arbeitslosengeld bestehen." (S. 68)

"Für Menschen in Arbeitslosigkeit und Grundsicherung fördern wir vollqualifizierende Ausbildungen bei der beruflichen Weiterbildung unabhängig von ihrer Dauer. Vollzeitschulische Ausbildung muss vergütet und frei von Schulgeld sein." (S. 66)

Lebensbegleitendes Lernen

"Zur Unterstützung des persönlich motivierten lebensbegleitenden Lernens bauen wir das Aufstiegs-BAföG aus, öffnen den Unterhaltsbeitrag für Teilzeitfortbildungen, fördern Weiterbildungen auch auf der gleichen Stufe des Deutschen Qualifikationsrahmens und auch für eine zweite vollqualifizierte Ausbildung, erhöhen die Fördersätze und Freibeträge deutlich und schließen Förderlücken zum BAföG. Ziel ist, dass Aufstiegslehrgänge und Prüfungen mit angemessenen Preisen kostenfrei sind." (S. 67)

"Mit dem Lebenschancen-BAföG schaffen wir ein neues Instrument für die selbstbestimmte Weiterbildung auch jenseits berufs- und abschlussbezogener Qualifikation für alle. Dazu schaffen wir eine einfache Möglichkeit zum Bildungssparen in einem Freiraumkonto. Menschen mit geringem Einkommen erhalten hierfür jährliche Zuschüsse." (ebd.)

"Wir verbessern Möglichkeiten für berufliche Neuorientierung, Aus- und Weiterbildung – auch in Teilzeit. Die Instrumente der Bildungspolitik und der aktiven Arbeitsmarktpolitik stimmen wir aufeinander ab." (ebd.)

"Mit einer Bildungs(teil)zeit nach österreichischem Vorbild bieten wir Beschäftigten finanzielle Unter­stüt­zung für arbeitsmarktbezogene Weiterbildung. Dies ermöglicht z. B. das Nachholen eines Berufsab­schlus­ses oder eine berufliche Neuorientierung. Voraussetzung ist eine Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Beschäftigten. Die BA [Bundesagentur für Arbeit] prüft die Fördervoraussetzungen." (ebd.)

Stärkere Rolle der Bundesagentur für Arbeit bei Qualifizierungen

"Der Bundesagentur für Arbeit (BA) kommt eine stärkere Rolle bei der Qualifizierung und dazugehöriger Beratung zu. Um alle an Weiterbildung Interessierten und Betriebe zu unterstützen, schaffen wir eine Vernetzung der BA mit den regionalen Akteuren und einheitliche Anlaufstellen. Dafür bauen wir die Weiterbildungsverbünde aus und unterstützen den Aufbau von Weiterbildungsagenturen. Die Nationale Online Weiterbildungsplattform und die Bildungsplattform werden weiterentwickelt, verzahnt und verstetigt. Damit schaffen wir einen übersichtlichen Zugang zu Bildungs- und Beratungsangeboten sowie Förderinstrumenten." (S. 67)

"Mit einem ans Kurzarbeitergeld angelehnten Qualifizierungsgeld kann die BA Unternehmen im Struktur­wandel ermöglichen, ihre Beschäftigten durch Qualifizierung im Betrieb zu halten und Fachkräfte zu sichern. Voraussetzung dafür sind Betriebsvereinbarungen. Gleichzeitig setzen wir Anreize für Transfor­ma­tions­tarifverträge.  Auch das Transfer-Kurzarbeitergeld weiten wir aus und entwickeln die Instrumente des SGB III in Transfergesellschaften weiter." (S. 68)

(Finanzielle) Förderung bei Qualifizierungen

"Die Förderung der Weiterbildung und Qualifizierung werden wir stärken. Die Prämienregelung bei ab­schluss­bezogener Weiterbildung werden wir entfristen. Wir fördern vollqualifizierende Ausbildungen im Rahmen der beruflichen Weiterbildung unabhängig von Dauer und Grundkompetenzen, auch im Umgang mit digitalen Informations- und Kommunikationstechnologien. Bürgergeldberechtigten kann im Rahmen der Teilhabevereinbarung für die Teilnahme an der Eingliederung dienenden Förder- oder Unterstüt­zungs­maßnahmen ein befristeter Bonus gezahlt werden." (S. 76)

"Das Teilhabechancengesetz (§ 16i und § 16e SGB II) wollen wir entfristen und weiterentwickeln. Beglei­tendes Coaching und aufsuchende Sozialarbeit werden Regelinstrumente in SGB II und SGB XII." (ebd.)

"Zudem wollen wir die Durchlässigkeit von beruflicher und akademischer Bildung verbessern. […] Zusätz­lich wollen wir eine Begabtenförderung in der beruflichen Bildung einführen." (S. 28)

"Im Ausbildungsmarkt wollen wir Menschen mit Migrationsgeschichte mit einer Förderinitiative stärken." (ebd.)

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