Das Recruiting über Social Media-Kanäle gehört heute schon für viele Personaldienstleister ganz selbstverständlich in ihre Werkzeugkiste für die Suche und Gewinnung von neuen Mitarbeitern. Wie sich Unternehmen aufstellen sollten, um dabei besonders erfolgreich zu sein und wie sich das Recruiting in den nächsten Jahren entwickeln wird, erläutert Dozent Henner Knabenreich am 24. Februar 2022 in einem kompakten 90-minütigen Online-Seminar der BAP Akademie (10.00-11.30 Uhr). Im Interview mit personaldienstleister.de erklärt der erfahrene Berater, Autor und Blogger zudem, welche Besonderheiten beim Recruiting über Social Media zu beachten sind und welchen Einfluss Faktoren wie Künstliche Intelligenz und Chatbots künftig auf Bewerbungsprozesse haben.
Personaldienstleister.de: Auf welchen Wegen suchen Bewerber heutzutage nach Jobs?
Henner Knabenreich: Bei der Jobsuche gibt es definitiv nicht den "einen" Weg. Es hängt von vielen Faktoren ab: Branche, Berufserfahrung, Online-Affinität, Berufsbild etc. Was man mit Sicherheit sagen kann ist, dass die Jobsuche via Google eine immer größere Rolle einnimmt. Was verständlich ist, denn die die pastellblaue Google-for-Jobs-Box ist nicht zu übersehen und verdrängt in den Suchergebnissen die Jobbörsen von den ersten Plätzen. Natürlich gibt es auch viele Menschen, die ganz eingefleischt in "ihren" Jobbörsen suchen, ob das nun die Jobbörse der Bundesagentur für Arbeit oder eine der großen bekannten Jobbörsen ist. Und wir dürfen nicht vergessen, dass auch immer noch Menschen für die Jobsuche die gute alte Tageszeitung nutzen. Dann gibt es schließlich diejenigen, die gar nicht aktiv auf Jobsuche sind, aber durchaus offen für einen neuen Job. Die erreichen Sie z. B. via Active Sourcing, aber auch indem Sie als Arbeitgeber überhaupt in Erscheinung treten, etwa auf der eigenen Unternehmens-Homepage, und damit potenzielle Kandidaten erreichen, die Sie vorher gar nicht auf dem Schirm hatten.
Personaldienstleister.de: Welche Rolle spielen Social Media-Kanäle für Unternehmen bei der Bewerberansprache?
Henner Knabenreich: Im Verhältnis zu den "klassischen" Medien, sprich Karriereseiten, Google und Jobbörsen, spielt Social Media eine eher untergeordnete Rolle. Was nicht heißen soll, dass sich nicht auch hier die Angel auswerfen lässt. Etwa auf LinkedIn oder XING, aber selbst Facebook, Instagram oder sogar die Selbstdarsteller-App TikTok lassen sich für die Ansprache von Kandidaten nutzen. Allerdings gilt es dabei verschiedene Dinge zu beachten. So muss das Medium zum Unternehmen bzw. dessen Kultur passen und die Mechanismen der jeweiligen Plattform müssen verstanden werden. Es bedarf großer Ressourcen, personell wie inhaltlich, um solche Plattformen nachhaltig zu bespielen. Und man muss Social Media mit jeder Pore atmen und eine Menge an Empathie mitbringen. Viele Unternehmen haben all das nicht zu bieten. Ohnehin ist Social Media die Kür, die Pflicht hingegen sind Karriereseite, Stellenanzeigen und ein kandidatenzentrierter Recruiting-Prozess. Und da hapert es bei den meisten Unternehmen gewaltig. Diese Bausteine mögen nicht so sexy und hip sein, wie Social Media, sie stellen aber das unverzichtbare Fundament für den Recruiting-Erfolg dar. Anders gesagt: Es nützt die schönste, hippste, glamouröseste Social Media-Kampagne mit dem angesagtesten Influencer nicht, wenn die Hausaufgaben nicht gemacht wurden.
Personaldienstleister.de: Wie werden Faktoren wie Künstliche Intelligenz (KI) und Chatbots das Recruiting zukünftig verändern?
Henner Knabenreich: Chatbots und KI bieten die Möglichkeit, das Recruiting für Kandidaten wie für Unternehmen zu optimieren. Allerdings sprechen wir da nicht von Chatbots, die Witze erzählen, den Nutzer nicht verstehen oder ihm mitteilen, man möge doch die Jobsuche der Karriereseite nutzen. Sondern wir sprechen von Chatbots, die den Nutzer beim Bewerben unterstützen, etwa indem bestimmte Faktoren abgefragt werden, die man gar nicht auf dem Schirm hatte, und ihm auf Basis seines Profils passende Jobs vorschlagen. Zudem können Chatbots den Recruiter im Prozess an verschiedenen Punkten intern unterstützen. KI oder Maschinelles Lernen finden ihren Einsatz auch in verschiedenen Matching-Plattformen, die die klassische Jobsuche auf den Kopf stellen. Nicht mehr der Kandidat sucht nach einem Job, die KI tut es auf Basis des hochgeladenen Lebenslaufs und schlägt Jobs vor, auf die der Kandidat nie gekommen wäre, weil sich diese hinter fantasievollen Stellentiteln oder einer ebenso fantasievollen Verschlagwortung verstecken. Allerdings kommt auch die KI dann schnell an ihre Grenzen, wenn Recruiting-Verantwortliche selbst nicht wirklich wissen, wen sie eigentlich genau suchen.
Ausführliche Informationen und einen hilfreichen Wissensvorsprung zu diesem wichtigen Thema bietet das Online-Seminar der BAP Akademie. BAP-Mitglieder nehmen daran zum Vorzugspreis teil.
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