13.03.2023 | "Qualifizierungsberatung und -umsetzung ist eine Kompetenz, die richtig gut zu uns Personaldienstleistern passt"

Turbulente Arbeitswoche bei add-on und co-check! Veranstaltungen, Recruitings, neue Skills für den 3-D-Drucker - und dann ist auch noch ein Profi-Fotograf im Haus (www.d-h-l-group.de)
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Deutschland leidet massiv unter Fachkräftemangel, so dass das Thema Qualif­i­zierung und Personalentwicklung immer mehr an wirtschaftlicher Bedeutung gewinnt. Für die Personaldienstleister ist das die Chance, ihre Expertise im Personalbereich auszubauen und insbesondere für kleine und mittelständische Kunden auch zum gesuchten Ansprechpartner für Qualifizierungsmaßnahmen zu werden. Welches Rüstzeug nötig ist, um diesen Geschäftsbereich aufzu­bauen, darüber informiert Marc Schüpferling vom BAP-Mitgliedsunternehmen "add on Personal & Lösungen GmbH", (Mit-)Initiator des Qualifizierungsverbundes Personaldienstleistung in Nürnberg und Dozent der BAP Akademie, in einer neuen Online-Trainingsreihe. Im Interview mit personaldienstleister.de gibt der Experte erste Einblicke.

Personaldienstleister: Welche sind die wesentlichen Schritte, die ein Personaldienstleister in Angriff nehmen muss, um Qualifizierung als Teil seines Geschäftsmodells zu etablieren?

Marc Schüpferling: Am Anfang steht meistens eine Erkenntnis, manchmal eine durchaus schmerzhafte. Etwa, dass das eigene bestehende Geschäftsmodell als nicht mehr optimal, ausreichend, befriedigend oder gar zukunftssicher eingeschätzt wird. Zum Beispiel, weil es immer weniger passende Bewerberinnen und Bewerber für die zu besetzenden Stellen gibt. Manchmal ist die Initialzündung aber auch nur ein Gedanke wie dieser: "Hey, kann ich eigentlich noch mehr machen als das Bisherige? Was passt gut zu uns und ergibt Sinn?" Daraus entwickelt sich eine Motivation etwas zu verändern und die eigenen Strategien, Ressourcen und Investitionsmöglichkeiten zu hinterfragen.

Wenn ich mich dann dafür entscheide, das Thema Qualifizierung und hier vor allem die Beschäftigtenqualifizierung systematisch in meine zukünftige Arbeit zu integrieren, dann braucht es neben dem positiven Mindset vor allem Leute im Unternehmen, die wissen wie es geht, also "operative Umsetzer" mit dem notwendigen Know-How. Das grundsätzlich Gute ist: Viele Voraussetzungen, um ins Qualifizierungsthema einzusteigen, bringen Personaldienstleister in der Regel ohnehin schon mit. Hierzu gehört ein stetiger Bewerbereingang und damit Kontakt zu vielen potenziellen Weiterbildungskandidatinnen und Kandidaten. Wobei hier vor allem der sogenannte "Dritte Stapel" von Interesse ist: also all jene Bewerberinnen und Bewerber, die (noch!) nicht alle Anforderungen der zu besetzenden Stellen erfüllen, jedoch über eine Qualifizierung dort hingeführt werden könnten. Des Weiteren braucht man gute Kenntnisse über den lokalen Arbeitsmarkt, stabile Kundenbeziehungen sowie idealweise schon Kontakte zu Bildungsträgern mit passenden Qualifizierungsangeboten. Letzten Endes ausschlaggebend ist unterm Strich jedoch die innere Überzeugung, dass Qualifizierungsberatung und -umsetzung eine Kompetenz ist, die so richtig gut zu uns Personaldienstleistern passt!

Personaldienstleister: Welche Vorteile gibt es über die reine Umsatzgewinnung hinaus, wenn sich Personaldienstleister bei der Qualifizierung engagieren und zum Personalentwickler werden?

Marc Schüpferling: Da gibt es eine ganze Menge. Ganz oben steht das Employer Branding. Denn Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, intern wie extern, sowie Bewerberinnen und Bewerber nehmen den Arbeitgeber ganz anders wahr. Ein weiterer Vorteil ist die Mitarbeiterbindung. Bei Beschäftigten, die aktuell nicht in neue Einsätze disponiert werden können, kann Qualifizierung, also "Upskilling", eine passende Alternative sein. Nicht zu vernachlässigen sind neue Vertriebsinhalte. Als anerkannter Personalentwickler kann man Kundinnen und Kunden sowie Interessenten ganz anders ansprechen. Viele Unternehmen haben Bedarf, wenn es um das Thema Qualifizierung geht. Hier haben Personaldienstleister großes Potenzial, beratend tätig zu werden und neue Lösungsansätze aufzuzeigen.

Qualifizierung lässt auch Netzwerke entstehen. Man kann neue kooperative Projekte mit vielen Stakeholdern rund um das Thema Qualifizierung entwickeln, etwa mit Kammern, Arbeitsagenturen, Jobcentern, Bildungsträgern und Kundenunternehmen. Schließlich zählen zu den Vorteilen auch ein neues Selbstbild: Personaldienstleistung plus Qualifizierung macht noch mehr Spaß, weil sich die Sinnhaftigkeit des eigenen Tuns multipliziert. Und schließlich neue Zufriedenheit, denn aktiv selbst etwas gegen den Arbeits- und Fachkräftemangel zu tun, ist ein gutes Gefühl. Man nimmt sein Schicksal wieder ein Stück weit stärker in die eigene Hand!

Personaldienstleister: Welche sind erfahrungsgemäß die größten Schwierigkeiten bei der Implementierung von Qualifizierung im Leistungsportfolio eines Personaldienstleisters?

Marc Schüpferling: Oft höre ich, dass Personaldienstleister vor dem Investitionsrisiko zurückschrecken. Das ist natürlich nachvollziehbar, wobei mittlerweile grundsätzlich die Frage erlaubt sein muss, ob es sich nicht um ein größeres Risiko handelt, wenn man sich als Personaldienstleister angesichts des Fachkräftemangels NICHT mit dem Thema Qualifizierung beschäftigt!

Die aus meiner Sicht kniffligste Herausforderung sind vielmehr das Schnittstellenmanagement und die interne Kommunikation. Denn grundsätzlich sind ja alle Einzelbausteine, um als Qualifizierungsdienstleister durchzustarten, schon vorhanden. Es gibt Menschen, die sich weiterentwickeln wollen. Es gibt Unternehmen, die händeringend qualifiziertes Personal suchen. Es gibt ein Bildungsangebot, um den Wissenstransfer zu gewährleisten. Und es gibt on top aktuell sogar viele Fördermöglichkeiten, die das eingangs genannte Investitionsrisiko minimieren können.

Die große Kunst ist es letztlich, all diese Bausteine prozesssicher abzubilden und die Schnittstellen optimal zu managen. Wobei wir Personaldienstleister, davon bin ich fest überzeugt, geradezu prädestiniert dafür sind, genau diese Managementfunktion auszufüllen. Was man dann, last but not least, nur noch tun muss, ist intern alle Kolleginnen und Kollegen auf dem gemeinsamen Weg mitzunehmen – und den "Spirit" eines Qualifizierers und Personalentwicklers im ganzen Unternehmen zu leben. Hier fängt dann der Spaß so richtig an, das kann ich aus meinen Erfahrungen mit voller Überzeugung berichten!

Online-Trainingsreihe mit Marc Schüpferling in der BAP Akademie:

Ab 12.04.2023: Online-Training: Vom Personalgesteller zum Personalentwickler – Qualifizierung als Teil des Geschäftsmodells