
"Die Corona-Krise hat die fortschreitende Digitalisierung von Wirtschaft und Gesellschaft in Deutschland beschleunigt", betonte BAP-Präsident Sebastian Lazay beim virtuellen Lunchtalk der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) zum Thema "Individualität. Praktikabilität. Flexibilität – Arbeitswelt im Wandel". Die zukünftige Arbeitswelt werde von vielfältigen, flexiblen Arbeitsformen und -inhalten geprägt sein. Der Trend gehe dabei weg von Kernbelegschaften mit dauerhafter Vollzeitbeschäftigung hin zu Job-Sharing-Modellen, Crowdworking und flexiblen on-demand-Lösungen gerade im IT- und Kreativbereich. Dabei führe die umfassende Vernetzung zu neuen Arbeitsumgebungen und -kulturen, die andere und zusätzliche Qualifikationen und Kompetenzen sowohl von den Unternehmen als auch von den Beschäftigten erfordere. "Die Personaldienstleister haben eine Schlüsselrolle in der zukünftigen flexiblen Arbeitswelt. Sie sind zudem bestens geeignet, um einerseits dem wachsenden Bedürfnis der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nach ‚Flexicurity‘, also Flexibilität und Sicherheit, gerecht zu werden, und andererseits auf Unternehmensseite Personalplanungssicherheit zu ermöglichen", bekräftigte Lazay.
In der anschließenden Diskussion mit Prof. Dr. Lena Rudkowski, Professorin für Bürgerliches Recht und Arbeitsrecht an der Universität Gießen, und Claudia Müller MdB, Mittelstandsbeauftragte der Bundestagsfraktion von Bündnis90/Die Grünen, machte Lazay deutlich, dass dieses skizzierte Zukunftsbild für die Zeitarbeitsbranche aber nur dann möglich sein werde, wenn die Politik für entsprechende Rahmenbedingungen sorge. Dabei solle sich die Politik von immer neuen Regulierungsüberlegungen verabschieden, denn "die Spielregeln sollten die Tarifpartner selbst und nicht der Gesetzgeber festlegen. Die Zeitarbeit darf nicht diskriminiert werden und sektorale Verbote wie in der Fleischwirtschaft sind kontraproduktiv. Hier wurden die Falschen getroffen, da die Missstände in der Branche rein gar nichts mit der Zeitarbeit zu tun hatten", so Lazay. In der Diskussion plädierte er für die Abschaffung der Höchstüberlassungsdauer von derzeit 18 Monaten und für nachhaltigen Bürokratieabbau, wobei Lazay als Beispiel die äußerst komplexe bürokratische Umsetzung von Equal Pay hervorhob.
Hinsichtlich der von Moderatorin Charlotte Ramb, Mitglied der BDA-Hauptgeschäftsführung, aufgeworfenen Frage, welche Maßnahmen erforderlich sind, damit das Qualifikationsniveau der Beschäftigten mit dem digitalen Wandel Schritt halten kann, stellte Sebastian Lazay heraus, dass die Zeitarbeitsbranche bereits eine Vielzahl von Weiterbildungsangeboten offeriere. So habe der BAP beispielsweise ein 3-Stufen-Qualifizierungsmodell entwickelt, mit dem geringqualifizierte Zeitarbeitskräfte berufsbegleitend in Etappen an einen anerkannten Berufsabschluss herangeführt werden. Oftmals sei bei den Weiterbildungen "das Problem aber gar nicht das Angebot, sondern die mangelnde Bereitschaft der Beschäftigten, die vorhandenen Maßnahmen auch anzunehmen".
Mit Blick auf die immer größere Fachkräftelücke in Deutschland betonte Lazay, dass diese durch die Anwerbung ausländischer Fachkräfte mit Expertise der Zeitarbeit zumindest teilweise geschlossen werden könnte. "Umso unverständlicher ist es daher, dass es der Zeitarbeit als einziger Branche verwehrt bleibt, Menschen mit Berufsausbildung auch außerhalb der EU anzuwerben. Der Paragraf 40 im Aufenthaltsgesetz muss endlich fallen und die Rekrutierung von Drittstaatlern für die Zeitarbeit erlaubt werden", bekräftigte Lazay unmissverständlich. Das Verbot sei auch deshalb absurd, weil die Zeitarbeit der nachhaltige Integrationsdienstleister für Geflüchtete, Geringqualifizierte und Langzeitarbeitslose in sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung sei. So fanden im Jahr 2020 trotz fehlender Sprachkenntnisse und ohne verwertbaren beruflichen Abschluss mehr als ein Drittel der Geflüchteten einen Arbeitsplatz über die Zeitarbeit. "Die entscheidende Rolle der Zeitarbeit als Integrationsdienstleister muss endlich auch von der Politik anerkannt werden", so der abschließende Appell Lazays.
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