Während Deutschland im zweiten Halbjahr 2020 die EU-Ratspräsidentschaft inne hat, dominieren die COVID-19 Krise und ihre wirtschaftlichen Auswirkungen die politische Agenda in der EU. Dabei stellen die damit verbundenen Einschränkungen die Länder und ihre Volkswirtschaften weltweit vor eine große Herausforderung. Im Fokus der Web-Konferenz "Der Weg zum wirtschaftlichen Ausschwung" des europäischen Dachverbandes der Personaldienstleistungsunternehmen, World Employment Confederation-Europe (WEC-Europe), und ihres einzigen deutschen Mitgliedsverbands, dem Bundesarbeitgeberverband der Personaldienstleister (BAP), standen daher Ansätze zur Förderung des wirtschaftlichen und sozialen Aufschwungs und Fragen der sicheren Rückkehr an den Arbeitsplatz.
Stärkung der Weiterbildungsaktivitäten in Zeiten der Kurzarbeit sinnvoll
"Wir befinden uns mitten in der zweiten Welle der Pandemie, deren wirtschaftliche Auswirkungen nicht absehbar sind", machte Björn Böhning, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS), in seinem Impulsvortrag deutlich. Drei Kernthemen trieben das Ministerium in Folge der Corona-Krise besonders um. Besorgniserregend sei zunächst die Gleichzeitigkeit der durch die Pandemie ausgelösten konjunkturellen Krise in Verbindung mit strukturellen Verwerfungen durch Demografie und Digitalisierung. Insbesondere in der Automobilwirtschaft würden sich diese Entwicklungen überlagern und zu erheblichen negativen Beschäftigungseffekten führen. Problematisch seien zudem die Aufrechterhaltung der globalen Lieferketten sowie die drohende Insolvenzwelle von Unternehmen, vor allem in den Bereichen Tourismus und Gastronomie. Umso wichtiger sei daher die Verlängerung der bestehenden Regelung zur Kurzarbeit für alle Branchen bis Ende 2021, um Unternehmen durch Spareffekte durch die Krise zu führen und Beschäftigung zu sichern.
Gleichzeitig forderte Böhning die Unternehmen auf, die Zeit der Kurzarbeit zu nutzen, um Maßnahmen der Weiterbildung und der Qualifizierung der Beschäftigten durchzuführen. Gerade für die Personaldienstleister wäre eine weitere Forcierung der Bildungsmaßnahmen in der jetzigen Situation sinnvoll. Denn die Corona-Krise würde das Fachkräfteparadoxon weiter verschärfen und ein akuter Fachkräftemangel in zukunftsfähigen Branchen zunehmend einem Fachkräfteüberschuss in anderen Branchen, wie z.B. dem Handel, gegenüberstehen.
Hier spielen Personaldienstleister mit ihren flexiblen Arrangements eine wichtige Rolle beim Weg zum wirtschaftlichen Aufschwung, denn sie bieten eine gute Einstellungsperspektive für die Beschäftigten und Flexibilität für die Kundenunternehmen.
Parlamentarischer Staatssekretär im BMAS
Lazay: Personaldienstleister sind der beste Problemlöser bei Personalengpässen
Welche enormen Auswirkungen die Corona-Pandemie auf die Personaldienstleistungsbranche hat, verdeutlichte BAP-Präsident Sebastian Lazay. So sanken die Umsätze der Zeitarbeitsunternehmen im 2. Quartal 2020 um 27 Prozent gegenüber dem Vorjahresquartal. Daher sei es ein Meilenstein für die Stabilisierung der Branche und die Beschäftigtensicherung gewesen, dass auch die Zeitarbeit ab März 2020 das Instrument der Kurzarbeit in vollem Umfang nutzen konnte. Erfreulicherweise sei nun ein gewisser Wendepunkt zu erkennen und gemäß aktueller Umfrage des ifo-Instituts prognostiziert die Mehrzahl der Unternehmen der Branche in den kommenden Monaten eine leichte Steigerung bei der Umsatz- und Beschäftigtenerwartung. "Personaldienstleister haben immer wieder bewiesen, dass sie der beste Problemlöser bei Personalengpässen sind", bekräftigte Lazay. Daher rechne er damit, dass die deutsche Wirtschaft gerade am Anfang der konjunkturellen Erholung verstärkt auf die Dienste der Personaldienstleister zurückgreifen wird.
Lazay betonte aber auch, dass gerade angesichts der Corona-Krise regulative Maßnahmen seitens des Gesetzgebers, wie die Höchstüberlassungsdauer und die Schriftformerfordernis beim Schließen von Verträgen, fehl am Platz seien und der Branche das Leben nur unnötig erschweren würden.
Global WEC-Initiative positioniert Zeitarbeitsbranche als zentralen Brückenbauer
Die neue Studie der WEC-Europe "Road to Recovery" mit umfassenden Konzepten und Empfehlungen für den wirtschaftlichen und sozialen Aufschwung stellte dessen Präsidentin Bettina Schaller vor. Als wesentliche Elemente für die federführende Rolle der Personaldienstleister betonte sie dabei die zunehmende Erkenntnis, dass flexible Arbeitsformen zur neuen Normalität gehören würden. Die Zeitarbeitsunternehmen seien schließlich die Speerspitze für Flexibilität auf dem Arbeitsmarkt schlechthin. Zudem würde keine andere Branche weltweit so viel in die Weiterbildung ihrer Beschäftigten investieren wie die Zeitarbeit.
Schaller präsentierte zudem die globale Initiative der Personaldienstleister "Sicher arbeiten in der neuen Normalität“, für welche der Dachverband die Schirmherrschaft übernommen hat: "Diese weltweite Allianz der Zeitarbeit verfolgt das Ziel, Unternehmen und Arbeitnehmer das Arbeiten in der neuen Normalität während und nach der Corona-Pandemie zu erleichtern und unsere Branche als zentraler Brückenbauer zu positionieren. Durch die Überprüfung von über 400 Gesundheits- und Sicherheitsprotokollen hat die Allianz eine Faktenbasis bewährter Verfahren entwickelt, um Organisationen jeder Art und Größe dabei zu unterstützen, wieder sicher, gesund und produktiv zu arbeiten." Die spezifischen Erfahrungen und das Fachwissen der Branche aus der ganzen Welt sollen dabei in Form von Maßnahmenempfehlungen und Best-Practice-Beispielen kostenfrei zur Verfügung gestellt werden. Bestandteil der Initiative ist auch der monatliche englische Podcast "World Views on the World of Work" mit aktuellen Debattenbeiträgen rund um die Arbeit in Zeiten der Corona-Pandemie.
Abgerundet wurde die Web-Konferenz durch eine Diskussionsrunde, an der neben den drei Vortragenden auch Holger Schäfer, Senior Economist für Beschäftigung und Arbeitslosigkeit beim IW Institut Köln, Ulrich Weiss, HR Director bei der Philips Medizin Systeme GmbH, und der Moderator, BAP-Vizepräsident und Vorsitzender des Verbandsbereichs Internationales, Jan Ole Schneider, Ideen und Argumente austauschten und die zahlreichen Fragen der Teilnehmer beantworteten.
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