Deutschland leidet massiv unter Fachkräftemangel, so dass das Thema Qualifizierung und Personalentwicklung immer mehr an wirtschaftlicher Bedeutung gewinnt. Für die Personaldienstleister ist das die Chance, ihre Expertise im Personalbereich auszubauen und insbesondere für kleine und mittelständische Kunden auch zum gesuchten Ansprechpartner für Qualifizierungsmaßnahmen zu werden. Welches Rüstzeug nötig ist um diesen Geschäftsbereich aufzubauen, darüber informiert Waltraud Gläser, Dozentin der BAP Akademie, in einer neuen Online-Trainingsreihe. Im Interview mit personaldienstleister.de gibt die Expertin erste Einblicke.
Personaldienstleister: Welche Maßnahmen können Personaldienstleister in Zeiten des akuten Fachkräftemangels ergreifen, um insbesondere für kleine und mittelständische Kunden zum gesuchten Ansprechpartner für Qualifizierungsmaßnahmen zu werden?
Waltraud Gläser: Lassen Sie mich da gerne gleich mit Eigenwerbung starten! Mit unserem Online-Training:
„Vom Personalgesteller zum Personalentwickler – Qualifizierung als Teil des Geschäftsmodells“ thematisieren wir genau diese Möglichkeiten. Es geht dabei um das neue und vor allem dezidierte Selbstverständnis des Personaldienstleisters, eben nicht nur „Beschaffer“, „Personalgesteller“ oder „verlängerte Werkbank“ zu sein – um nur einige gängige Bezeichnungen zu benennen, unter denen ja auch potenzielle Bewerberinnen und Bewerber die Zeitarbeitsunternehmen wahrnehmen. Dadurch wird wertvolles Potenzial verschenkt oder zumindest unzureichend angesprochen.
Es ist noch zu wenig bekannt und bewusst, welche unglaublichen Möglichkeiten die Beschäftigung in einem solchen Unternehmen sowohl für die Arbeitskräfte als auch für die Kunden bietet. Und gerade Firmen, die mit ihrer erweiterten Rolle im Markt wahrgenommen werden möchten, brauchen dahingehend eine Professionalisierung.
Zudem sind Partnerschaften mit Kunden, der Bundesagentur für Arbeit und den unterschiedlichsten Bildungsträgern relevant, um gemeinsam dem nicht kleiner werdenden Problem endlich die passenden Konzepte entgegenzustellen. Dazu zählen auch Qualifizierungsverbünde, die gerade für kleine Unternehmen eine praktikable Option darstellen.
Personaldienstleister: Welchen besonderen Herausforderungen müssen sich Personaldienstleister in diesem Jahr denn grundsätzlich aus personalpolitischer Sicht stellen?
Waltraud Gläser: Die Frage grenzt die vielfältigen Herausforderungen der Branche schon etwas ein und das ist gut so! Denn inzwischen wächst gerade aus personalpolitischer Sicht eine schon seit vielen Jahren bestehende Herausforderung zu einem echten Problem heran – nämlich die Auswirkungen der Demografie und die fehlenden Antworten darauf.
Die Geschäftsmodelle der Personaldienstleister drehen sich immer um Menschen. Deren Beschaffung, Aus- und Weiterbildung sowie Sicherstellung der Beschäftigungsfähigkeit sind der Kern und somit das "Produkt" (bewusst in Anführungszeichen!), mit dem die unterschiedlichen Märkte bedient werden sollen. Wenn sich also das "Produkt" und somit ein wesentlicher Teil des Geschäftsmodells derart verknappt und sogar nicht mehr verfügbar wird, geht im schlimmsten Fall die Geschäftsgrundlage verloren. Es sind daher existenzielle Fragen, denen Unternehmerinnen und Unternehmer aus der Personaldienstleistungsbranche gegenüberstehen und dafür rechtzeitig und passend Lösungen finden müssen. Die häufig genannten weiteren Herausforderungen, die der Digitalisierung zugeschrieben werden, können dabei sowohl Lösung als auch Problem sein. Auf jeden Fall sind sie im gesamten Kontext der Situation der Personaldienstleister zu berücksichtigen und müssen entsprechend behandelt werden.
Personaldienstleister: In solchen Zeiten ist zielorientierte Führung wichtiger denn je. Inwieweit sind wirkungsvolle Führungstechniken gerade für Führungskräfte in der Personaldienstleistungsbranche von erheblicher Bedeutung und wie unterschieden sie sich von denen in anderen Branchen?
Waltraud Gläser: Führung und Führungstechniken sind nie Selbstzweck. Als Führungskraft geht es immer darum, wirksam zu sein bzw. Wirksamkeit zu erzeugen. Führung ist echte Arbeit! Sie muss gewollt und gekonnt sein. Vor dem Hintergrund der immer diverser werdenden Belegschaften und der Komplexität des Alltags mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern steigen die Anforderungen an Führung. Das gilt besonders auch für Teams von Personaldienstleistern, die ich immer als die Summe der internen und externen Beschäftigten, die also im Kundeneinsatz sind, ansehe. Schon alleine das macht einen Unterschied in der Führungspraxis.
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die ihren tagtäglichen Einsatz beim Kunden haben, wollen dennoch Führung erleben. Denn der Arbeitgeber ist ja das Zeitarbeitsunternehmen und nicht der Kunde, der zudem nur Weisungsbefugnis hat. Führung im internen Team kann hingegen unmittelbarer erfolgen. Allerdings dominiert in vielen Unternehmen das operative Geschäft und Führung wird eher zur "Nebensache". Dadurch werden wertvolle Chancen vergeben, auch was bspw. die Zugehörigkeitsdauer und Fluktuation, aber auch Personalentwicklung angeht.
Relevanz hat zudem das "virtuelle" Führen bekommen, auf deren Herausforderungen sich Führungskräfte seit der Pandemie verstärkt einstellen müssen. Das ist für viele neu, ungewohnt, benötigt Praxis und möglicherweise andere Methoden und Prinzipien von Führung.
Ein weiterer Aspekt ist, dass es nicht DIE eine Führungstechnik gibt und alles wird gut. Der Werkzeugkoffer einer wirksamen Führungskraft muss daher sehr gut und passend gefüllt sein. Das gilt speziell in Hinblick auf Leadership in Abgrenzung zu Management. Sobald Menschen im Spiel sind, wird es komplex. Das muss besser verstanden und im Umgang miteinander bewusster berücksichtigt werden. Dieser Umstand ist auch ein Grund, warum wir das Programm "Psychologie der Mitarbeiterführung“ aufgesetzt haben.
Online-Trainingsreihen mit Waltraud Gläser in der BAP Akademie:
Ab 16.02.2023: Online-Führungskräftetraining: Psychologie der Mitarbeiterführung in der Praxis erfolgreich anwenden (In Kooperation mit der Akademie der Zeitarbeit® von Edgar Schröder)
Ab 07.03.2023: Online-Training: Vom Personalgesteller zum Personalentwickler – Qualifizierung als Teil des Geschäftsmodells