Entwicklungen und Trends frühzeitig mitbekommen / Europa wird für die Zeitarbeit immer wichtiger

Heide Franken, Geschäftsführerin Corporate & Social Affairs der Randstad Deutschland GmbH und BAP-Vizepräsidentin

Der Eurociett (European Confederation of Private Employment Agencies) ist der europäische Dachverband der privaten Personaldienstleister. Er vertritt in Europa die Interessen von 30 nationalen Zeitarbeitsverbänden sowie von sechs der größten multinationalen Zeitarbeitsunternehmen. Als einziger deutscher Verband ist der BAP Mitglied im Eurociett. Heide Franken hat den BAP bzw. seinen Vorgängerverband mehr als zehn Jahre lang im Vorstand von Eurociett vertreten.

1) Frau Franken, eine europäische Interessensvertretung für Zeitarbeit – warum braucht man sie? Das Thema Arbeitsmarkt ist schließlich eine nationale Angelegenheit.

Das stimmt. Allerdings hat im verzahnten Europa immer häufiger das, was auf europäischer Ebene entschieden wird, direkte Konsequenzen für Politik und geltendes Recht in Deutschland. Und das wiederum berührt Rahmenbedingungen für Zeitarbeit. Ein gutes Beispiel dafür ist die Vorschrift im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz – kurz: AÜG –, dass Zeitarbeitnehmer über freie Stellen im Kundenunternehmen informiert werden müssen. Diese spezielle Informationspflicht ist der europäischen Zeitarbeitsrichtlinie entsprungen. Es ist deshalb wichtig, dass die Zeitarbeitsbranche Entwicklungen und Trends bereits auf europäischer Ebene mitbekommt – und so auch mitgestalten kann. Wir als BAP können die Interessen unserer Mitglieder hier effektiv vertreten.

2) Wie genau sieht diese Interessensvertretung aus?

Der Eurociett will in erster Linie das, was auf europäischer Ebene als Norm gesetzt werden soll, mit begleiten – aber natürlich auch das Ansehen von Zeitarbeit verbessern. Er stellt beispielsweise Branchen-Qualitätsstandards für Europa auf. Ganz konkret beteiligt er sich auch an Berichten und Studien über Zeitarbeit in Europa, um zu informieren und aufzuklären. Und dann geht es natürlich auch darum, Kontakt zu Gesprächspartnern aufzunehmen und Dialoge zu führen – zum Beispiel mit der europäischen Dienstleistungsgewerkschaft Uni-Europa. Das alles war bereits erfolgreich: 2007 hat man beispielsweise im Rahmen der europäischen Flexicurity-Debatte den positiven Beitrag der Zeitarbeit für einen gut funktionierenden Arbeitsmarkt anerkannt. Das Ganze hat folglich Eingang in die EU-Zeitarbeitsrichtlinie gefunden.

3) Verschiedene Länder haben verschiedene Regelungen und Vorstellungen, wie ihr Arbeitsmarkt aussehen soll. Ist es als europäischer Verband da nicht schwierig, mit einer Stimme zu sprechen?

Das ist in der Tat eine Herausforderung. Zur Erinnerung: Allein 30 nationale Zeitarbeitsverbände sind Mitglied im Eurociett. Die einzelnen Länder haben höchst verschiedene Modelle für Zeitarbeit. In Deutschland gilt beispielsweise das Arbeitgeberprinzip, in Frankreich dagegen das Agenturprinzip, bei dem Zeitarbeitsunternehmen eher Vermittler auf dem Arbeitsmarkt sind. Dazu die ost- und mitteleuropäischen Staaten, in denen Zeitarbeit noch nicht so etabliert ist. Die Generalversammlung wählt einen 13-köpfigen Vorstand. Hauptsitz des Eurociett ist Brüssel. Die Eurociett-Mitarbeiter arbeiten in einer Reihe von Ausschüssen, den sogenannten Committees: etwa dem Public Affairs-Committee, dem Research and Economic Affairs-Committee und dem Sectoral Social Dialogue-Committee, das die Verbindung zur Dienstleis-tungsgewerkschaft Uni-Europa hält.

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