Die Anzahl der Kontrollen bei Personaldienstleistern durch die Bundesagentur für Arbeit (BA) und den Zoll ist eklatant angestiegen. Aber auf welche Fallstricke sollten sich Zeitarbeitsunternehmen bei diesen Behördenprüfungen einstellen? Welche verfahrensrechtlichen Unterschiede gibt es bei Erlaubnis- und Bußgeldverfahren? Und was sollte bei der Androhung eines Bußgeldbescheides unternommen werden? Darüber informieren die Dozenten Jan Schubel und Mathias Söhngen am 24. März von 9.30 Uhr bis 17 Uhr in einem Präsenzseminar der BAP Akademie in Hamburg, das in Kooperation mit der Akademie der Zeitarbeit von Edgar Schröder veranstaltet wird. Im Interview mit personaldienstleister.de gibt der renommierte Rechtsanwalt Schubel vorab bereits einen exklusiven Einblick in die wichtigsten Themen des Seminars.
Personaldienstleister.de: Die Anzahl der Kontrollen durch die BA und den Zoll haben enorm zugenommen. Mit welchen Fallstricken werden Personaldienstleister bei solchen Behördenprüfungen derzeit besonders häufig konfrontiert?
Jan Schubel: Aus meiner anwaltlichen Praxis erhebt die BA gegenüber den Personaldienstleistern aktuell besonders gerne zwei Kritikpunkte.
Zum einen stellt die BA insbesondere im Rahmen von Bußgeldverfahren gerne die Behauptung auf, ein Personaldienstleister habe bei der Prüfung Auskünfte verweigert und damit eine Ordnungswidrigkeit nach § 16 Abs. 1 Nr. 5 AÜG begangen, weil er bestimmte Unterlagen nicht vorlegt. Dieser Vorwurf ist falsch. Eine Auskunft setzt eine entsprechende vorangegangene Frage des Prüfers voraus. Die Prüfer der BA stellen aber keine Fragen, sondern lassen sich lediglich die Personalakten vorlegen. Sofern sie dort bestimmte, von ihnen erwartete Unterlagen nicht vorfinden, setzen sie das unzulässigerweise mit einer Auskunftsverweigerung gleich. Auskünfte können nach Wahl des Personaldienstleisters mündlich oder schriftlich gegeben werden, was die BA abstreitet. Die Vorlage von Unterlagen nach § 7 Abs. 2 AÜG dient lediglich dem Nachweis, dass erteilte Auskünfte richtig sind.
Zum anderen kombiniert die BA neuerdings den Vorwurf der Auskunftsverweigerung mit dem Vorwurf unzureichender Abfragen der wesentlichen Arbeitsbedingungen eines vergleichbaren Stammarbeitnehmers beim Zeitarbeitsunternehmen. Dabei wird die Behauptung aufgestellt, der Arbeitsvertrag weiche zulasten der Zeitarbeitskraft vom Tarifvertrag ab. Dies würde nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) dazu führen, dass an die Stelle des Tarifvertrages der gesetzliche Gleichbehandlungsgrundsatz tritt, also Equal Treatment. Das ist ein sehr heikles Thema, vor allem wenn eine Abweichung auf den ersten Blick für den Arbeitnehmer nicht nachteilig wirkt. Das gilt vor allem bei Regelungen zur Wochenarbeitszeit. Denn insbesondere die in § 2 Abs. 2 des Manteltarifvertrages von BAP/DGB gestattete einsatzbezogene Abweichung von der 35-Stunden-Woche scheint den Prüfern ein Dorn im Auge zu sein. Selbst dort wo eine Zusatzvereinbarung eindeutig erkennen lässt, dass die Wochenarbeitszeit nur in dem einzelnen Einsatz bei einem bestimmten Entleiher über die 151,67 Stunden pro Monat hinausgeht, wird von den Prüfern behauptet, dass die arbeitsvertragliche Arbeitszeit geändert werde, oder in Abrede gestellt, dass der Einsatz "dauerhaft" sei.
Personaldienstleister.de: Welches sind die elementaren Prüfungsschwerpunkte seitens der Behörden, auf die sich die Unternehmen einstellen müssen?
Jan Schubel: Der nach wie vor wichtigste Aspekt bei einer Betriebsprüfung der BA besteht in einer vollständigen Aktenführung der Personalakten. Eine Divergenz zwischen dem arbeitsvertraglichen Soll-Lohn und dem in der Lohnabrechnung ausgewiesenen Ist-Lohn führt sofort zum Vorwurf, der Zeitarbeitskraft Lohnbestandteile vorenthalten zu haben. Es sollte sich aus der Personalakte daher möglichst von vornherein ergeben, warum die Divergenz nicht auf einem Annahmeverzug des Personaldienstleisters beruht, sondern z.B. auf einer Arbeitsverweigerung, einem eigenmächtig genommenen Urlaub oder einer Arbeitsunfähigkeit von mehr als sechs Wochen. Verstöße in diesem Bereich bewertet die BA als besonders schweren Pflichtverstoß, der nach ihrer Auffassung und auch der einiger Sozialgerichte den Widerruf oder die Nichtverlängerung der Erlaubnis rechtfertigen. Außerdem steht hinter einem solchen Verstoß der "teuerste" Bußgeldtatbestand nach § 16 Abs. 1 Nr. 7a) AÜG, der Bußgelder bis zu 500.000 Euro zulässt. Aus der Höhe diese Bußgeldandrohung leitet die BA die Schwere des Verstoßes ab, was rechtlich auch nachvollziehbar ist.
Ein "Klassiker" sind übrigens tatsächliche Fehler bei der Berechnung der Feiertagsvergütung. Wohl der Einfachheit halber wenden einige Personaldienstleister nicht das gesetzlich vorgeschriebene Lohnausfallprinzip an, sondern die 13-Wochen-Durchschnittsberechnung wie beim Urlaubsentgelt oder der Entgeltfortzahlung wegen Arbeitsunfähigkeit. Das führt aber nicht unbedingt zu einer Schlechterstellung der betreffenden Zeitarbeitnehmerinnen und Zeitarbeitnehmer. Die BA unterstellt das dennoch gern, in dem sie mehr oder weniger willkürlich die Zahl der Arbeitsstunden an gleichartigen Wochentagen heraussucht. Das Problem liegt dabei darin, dass die richtige Berechnung nur von Hand möglich ist und die jeweils eingesetzte Verwaltungssoftware keine nachvollziehbare Berechnung liefern kann. Das wissen auch die Prüfer der BA.
Personaldienstleister.de: Können Sie Fallbeispiele aus der Praxis für Auflagen nach erfolgter Prüfung schildern?
Jan Schubel: Bei Auflagen der BA erlebe ich wiederholt Fälle, bei denen die Auflage rechtswidrig und deshalb mit Widerspruch und Anfechtungsklage angreifbar ist. Auch wenn es für juristische Laien merkwürdig erscheinen mag, beruht das in der Regel darauf, dass die Auflage "zu schwach" formuliert ist. Das ist der Fall, wenn sie dem Erlaubnisinhaber lediglich vorschreibt, Pflichten einzuhalten, die er ohnehin zu beachten hat. Eine echte Auflage muss dem Erlaubnisinhaber immer eine zusätzliche, über Gesetz und Tarifvertrag hinausgehende Pflicht/Belastung auferlegen, deren Einhaltung nachprüfbar ist. Dies könnte zum Beispiel eine Übersendung der Berechnungsbögen an die BA für die Feiertagsvergütung bestimmter Zeitarbeitskräfte sein. Rechtswidrig ist beispielsweise die in der Praxis vorgekommene Auflage: "Sie haben Arbeitszeitkonten so zu führen, dass der jeweils aktuelle Stand (Wertguthaben) sowie die Veränderungen zum Vormonat ersichtlich sind." Das ist rechtlich gesehen keine Auflage, sondern eine nach dem Tarifvertrag ohnehin bestehende Pflicht.
Ausführliche Informationen und einen hilfreichen Wissensvorsprung zu diesem wichtigen Thema bietet das Seminar "Behördliche Prüfungspraxis und die Rechtsfolgen bei Verstößen: Negative Folgen vermeiden und abwehren" der BAP Akademie. BAP-Mitglieder nehmen daran zum Vorzugspreis teil.